Cold Farmer für Streichquartett (1990)

1. Streichquartett
14′
UA: 1990, Wien (AT) | Artis Quartett


mit Groove
ruhige Halbe
sehr schnell
ganz langsam


Hörbeispiel

Rosamunde Quartett | CD IXXU

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Programmnotiz
Das Streichquartett „Cold Farmer“ entstand in der Zeit vom 18. bis 21.06.1990 auf Anregung des Artis-Quartetts.

Die Satzbezeichnungen beziehen sich auf Personen und/oder Ereignisse und/oder Schallquellen, welche beim Schreiben der jeweiligen Teile in der einen oder aber auch in der anderen Form in den Ohren und/oder im Kopf und/oder auf den Nerven des Komponisten zugegen waren.

Als ein Beispiel sei nur der Trompeter Franz Hackl (jun.), dessen imaginäre Funkjazzband Cold Farmers bei der Betitelung des Werkes Pate stand, genannt. Auch auf das Motto des Bandleaders, Jan Becher, sei hingewiesen: Kreativität macht glücklich, wenn man rechtzeitig drauf schaut, dass man sie hat, wenn man sie braucht.

Das inhaltliche Spannungsfeld baut sich auf und verändert sich zwischen Polen wie Anarchie, Machtstrukturen, Gewalt, Zerstörung von Eigenbereichen, Resignation.

Den kompositionstechnischen Aufbau des Stücks hat der Autor, eigenen Angaben zufolge, vergessen; er kann sich nicht daran erinnern.

Thomas Larcher, zitiert nach: Programmheft Gesellschaft der Musikfreunde in Wien, 1990

Die Streichquartette „IXXU“ und „Cold Farmer“ sind Ausdruck völlig unterschiedlicher Phasen meines Lebens und Komponierens und trotzdem eng miteinander verbundene Werke.

Das Schreiben von „Cold Farmer“ glich einem impulsiven Losreißen von musikalischen Konventionen, von tatsächlichen und eingebildeten Zwängen. Damit verbunden war auch ein Losreißen von Personen, Zugehörigkeiten und Lebenswelten.

Es war ein Schritt/ein Fall ins Ungewisse, Bedrohliche, ein bedingungsloser Sprung ins Impulsive, direkt Emotionale … es glich einem schmerzhaften, aber lebensrettenden Luftholen nach einem zu langen Aufenthalt unter Wasser.

„IXXU“ entstand auf ganz andere Weise: Es bot sich mir keine andere Möglichkeit, als immer wieder gegen das Gefangensein in meiner inzwischen gewachsenen Kompositionsweise anzurennen, zu versuchen, mich davon loszureißen, um letztlich doch keinen Ausweg zu finden.

Die „gewachsene Weise zu komponieren“ hatte sich manifestiert im Nicht-Wegkommen von einzelnen (Grund-)Tönen (in diesem und in anderen Fällen dis1), in einer energiegeladenen, ausbrechen wollenden rhythmischen Bewegung, welche die Geschwindigkeit bis zur Besessenheit steigert, sowie in Momenten einer erschöpften, trügerischen Ruhe.

„IXXU“ konnte ich nur in drei Etappen erschließen, zwischen denen jeweils Jahre lagen. Am Ende einer jeden Etappe war es mir unmöglich, mit der Komposition fortzufahren, und doch musste ich sie später weitertreiben. Die einzige Möglichkeit, dies zu tun, sah ich jeweils darin, von Bruchstücken, von markanten Partikeln aus „Cold Farmer“ auszugehen, die mir in „IXXU“ nur wie erstarrte, hervorstehende Lavasäulen erschienen. An den „Nullpunkten“ der Orientierungslosigkeit konnte ich nur dort ansetzen, wo ich schon einmal gewesen war.

In der Folge stellten sich diese Relikte dann als solche heraus, die mir nur mehr an der Oberfläche begreiflich waren. Und dennoch entsteht am Ende, während der Aufführung, ein für mich völlig neuartiges Stück.

Thomas Larcher, zitiert nach: Booklet zur CD IXXU