Sonata für Violoncello (2007)

18′
Auftragswerk des Royal College of Music, London
UA: 21.06.2009 London (UK), Wigmore Hall | Natalie Clein (cello)


I flowing
II very fast
III flowing


Hörbeispiel

Thomas Demenga (cello)


Programmnotiz
Meine Stücke komponiere ich nicht für Instrumente, für Stimmlagen oder Besetzungen, sondern für Musiker, für Menschen.

Es ist mir beinahe unmöglich, ein Werk zustande zu bringen, ohne eine bestimmte Person vor Augen, im inneren Ohr zu haben.

So standardisiert die Interpretation klassischer westlicher Musik auch sein mag, so viele Koordinaten auch festgelegt und definiert sein mögen, ich möchte sie (und damit die Notenschrift) nicht als determinierende, begrenzende Zeichen verstanden wissen, sondern als Wegweiser hin zum Schaffen von lebendiger, organischer Musik. Bei auskomponierter Musik braucht man zwei Beteiligte, den Komponisten UND den Interpreten, um ein Werk entstehen zu lassen.

So wie es für den Komponisten kaum jemals EINEN Weg gibt, sich auszudrücken, Musik zu notieren etc., so gibt es auch für den Interpreten kaum jemals EINEN Weg, ein Notenbild zu lesen, zu interpretieren, zu leben. Und damit befinden wir uns in einem Netzwerk von Bedeutungen, Gesten, Chiffren, das es gemeinsam auszuloten und zu erweitern gilt.

Der Ton, der Atem, die Gestik, der Einsatz und die Möglichkeiten einer Interpretin waren auch bei diesem Werk letztendlich ausschlaggebend für die Gestalt des Stücks. Es ist Musik, die ausdrucksmässig und spieltechnisch bis an die Grenzen des Instruments geht. Musik, in der die Sinnzusammenhänge und die Expression über den Notentext hinaus von der spielenden Person getragen werden müssen.

Es bedurfte für mich bei diesem Stück keiner Neuerfindung einer Form, es ist ein Stück, das in einer „normalen“ Konzertsituation gespielt werden kann und soll. Ich wollte die vielleicht neuen und ungewohnten Inhalte ganz bewusst in vertraute Formen integrieren (daher auch der Name „Sonata“). Und auch die vorher angesprochenen Extremsituationen (bei denen die spieltechnischen Extreme Synonyme für Spannung, Vereinsamung, Verlust oder Zartheit sind) wollte ich in einen organischen Verlauf gebettet und damit nachvollziehbar und nachfühlbar gemacht wissen.

Ich danke Natalie Clein, der die Sonata auch gewidmet ist, für die Anregung zu diesem Stück und für den Weg, der zur Verwirklichung dieser Musik führte.

Thomas Larcher