Noodivihik für Klavier (1992)

10′
Auftragswerk der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien
UA: 08.04.1992, Wien (AT) | Thomas Larcher (Klavier)


intro
critic acid
leave your baggage unattended


Hörbeispiel

Thomas Larcher (Klavier) | CD Naunz


Programmnotiz
In „ Noodivihik“ geht es um die Zeit im großen und kleinen (schreibt man im großen und im kleinen klein oder groß?). Die große Zeit ist zweigeteilt: in einen schnellen ersten Teil und in einen langsamen zweiten Teil.

In der Intro, welche dem ersten Teil voransteht, werden die verschiedenen Formen einer Zwölftonreihe abgespult. Die Ebenen Rhythmus und Linie und Bewegung bzw. Akkord, Klang und Stillstand werden komprimiert vorgestellt. Sie entsprechen der Grundidee des ersten bzw. des zweiten Teils.

Der erste Teil (critic acid) arbeitet vor allem mit zwei rhythmischen Grundmustern und deren Irritationen durch Hinzufügen bzw. Weglassen von Notenwerten. Durch die Verschachtelung der beiden Sektoren, in denen diese Grundmuster jeweils getrennt auftreten, ergibt sich eine Struktur der Zeit im mittleren (also innerhalb von critic acid). In der Mitte und am Ende des Satzes wird zudem die Ebene Akkord, Klang und Stillstand verarbeitet (leicht erkennbar durch präparierte Klavierklänge).

Der zweite Teil (leave your baggage unattended) verknüpft die vorher erwähnten zwei Ebenen durch Überlagerung von Bewegungen, von „natürlichen“ und präparierten Klängen. Dies passiert alles innerhalb eines dreischichtigen „Endlosmusters“, innerhalb dessen sich die „Kleinstrhythmen“ verschieben. Durch die teilweise Präparierung des Instruments wird eben auch dies hörbar. Das „Endlosmuster“ wird auf dem halben Weg, den es benötigen würde, um wieder zur Grundposition zurückzukehren, gestoppt. Am Anfang dieses Satzes steht eine in sich geschlossene Linie, die mit natürlichen Klängen dargestellt wird, am Schluss eine offene, gestische Akkordfolge, die sich aus präparierten Klängen zusammensetzt.

Andere Schichten ziehen sich sozusagen verlaufend durch Noodivihik: die schon erwähnte Zwölftonreihe ebenso, wie der immer wiederkehrende gis-Moll-Akkord, zerschnittene Orgelpunkte, Fingernägel und dezente rostige Nagelscheren. Diese Schichten wurden jedoch jeweils in ihrer Grundform beibehalten, um die Verwirr(k)ung möglichst klar zu halten.

Mein Dank an Haimo Wisser, an Dr. Thomas Angyan und vor allem an Monika Groser (ein es!) für die Strukturierung des ganz großen Rhythmus.

Thomas Larcher